Heiner Gschwendt
13.04. – 05.05.2012
Lebensweg und Werkschaffen von Heiner Gschwendt fallen in eine Zeit weltpolitischer und kultureller Umbrüche, die auch seinen Einstieg in die künstlerische Laufbahn unterbrochen und verzögert haben.
Gschwendts Geburtsort war Bozen, zur definitiven Heim- und Wirkungsstätte wurde ihm nach der Vermählung mit Steffi Nußbaumer (1941) jedoch Klausen.
Seine vorerst vor allem dem flexiblen Medium der Grafik gewidmete Ausbildung in München (bei Emil Preetorius und Olaf Gulbransson) hat er 1937 vorzeitig unterbrochen und sich volkstumspolitischen Aktivitäten in Südtirol in den unseligen Jahren zwischen Faschismus, Nationalsozialismus, Option und Weltkrieg zugewandt.
Erst nach Kriegsende konnte Heiner Gschwendt seine künstlerische Ausbildung speziell im Bereich der Wandmalerei bei Prof. Sepp Mayrhuber an der Wiener Akademie abschließen. Seine zahlreichen großformatigen Wandbilder in den verschiedenen Techniken einschließlich der Farbglaskompositionen haben als „Kunst am Bau“ zur formalen und substantiellen Erneuerung dieser Werksparte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Tirol wesentlich beigetragen: Funktionsgerechte Komposition der Bildmotive im Spannungsfeld vorgegebener alter Bausubstanz oder neuer Architektur bezeugen sein sicheres Empfinden für Maß und Proportion im strengen Formenkanon architektonischer Gesetzmäßigkeit.
Eine eigenständige Position hat Heiner Gschwendt auch im Holzschnitt (schwarzweiß und farbig mit mehreren Platten) gefunden. Parallel zur Evolution im Wandbild vollzieht sich auch in seinen Holzschnitten ein konstanter Wandel vom sparsam-spröden Liniengeflecht expressionistischer Prägung hin zu flächig abstrahierender Zeichenhaftigkeit.
Die dritte Komponente seines Schaffensspektrums stellt das Tafelbild dar – in verschiedenen Techniken, profanen und sakralen Inhalten. Lichtvolle Helligkeit in verfeinerten Farbintonierungen, wellenförmig sich dem Licht öffnende Formen, „körnige“ Farbstruktur in seinen flächengeteilten Architekturmotiven (besonders von Klausen) erwecken den Eindruck eines, einem rationalen Ordnungsprinzip folgenden Wandbildes in Kleinformat.
Die 1985 von Heiner Gschwendt selbst verfassten, nun neu aufgelegten „Briefe aus der Werkstatt“ vermitteln nicht nur Einblicke in das „Handwerk“ des Künstlers, sie beziehen auch klare – wenn auch subjektive – Stellung zum zeitgenössischen „Kunstbetrieb“ und zu zeitlos relevanten Fragen des künstlerischen Schaffensprozesses überhaupt. Die mit aussagekräftigen Werkabbildungen versehene Publikation wird ergänzt durch eine Abhandlung zum Curriculum und zur kunsthistorischen Einordnung und Wertung seines künstlerischen Lebenswerkes.
(Mathias Frei)